Veranstaltungen

Forschungsfinanzierung – öffentlich oder privat? Neue Modelle in einer globalisierten Welt

ALPBACHER TECHNOLOGIEGESPRÄCHE 2014
Arbeitskreis der FORSCHUNG AUSTRIA
Fr., 22.08.2014, 09:00 Uhr, Hotel Böglerhof


Krisenerscheinungen beeinflussen spürbar die Finanzierung der Forschung. Knappe Budgets der öffentlichen Haushalte schlagen sich auch auf die Forschungsausgaben privater Unternehmen nieder. Es gibt zwar neben dem bis 2020 mit 80 Milliarden Euro dotierten Forschungsprogramm der EU eine Reihe neuer Finanzierungsformen – von Crowdfinancing über Privatstiftungen bis hin zu Drittmittelfinanzierungs-Modellen – doch reicht das aus, um Europa und Österreich international reüssieren zu lassen? Welchen Weg geht Österreich und aus welchen Quellen soll sich die Forschungsfinanzierung in Zukunft speisen?

  • Chair - Gabriele Ambros, President, Forschung Austria; Member, Austrian Council for Research and Technology Development; Managing Partner, Bohmann Publishing Group, Vienna
  • Heinz W. Engl, Rector, University of Vienna
  • Gi-Eun Kim, Professor, Department of Biotechnology, Seokyeong University, Seoul; Council; Member, Austrian Council for Research and Technology Development, Vienna
  • Sabine Ladstätter, Director, Austrian Archaeological Institute; Head, Ephesos Excavations, Vienna
  • Philipp Marxgut, Director & Attaché for Science and Technology, Office of Science and Technology Austria - Washington, DC
  • Birgit Murr, Director Office of Science and Technology Austria - Beijing
  • Robert-Jan Smits, Director-General for Research and Innovation, European Commission, Brussels
  • Gertrude Tumpel-Gugerell, Former Member of the Board, ECB – European Central Bank, Frankfurt am Main; Emerita Consultant, WIFO – Austrian Institute of Economic Research Vienna
  • Coordination Norbert Regitnig-Tillian Editor-in-Chief, Austria Innovativ, Vienna

Zusammenfassung:

Arbeitskreis 10

Forschungsfinanzierung – Öffentlich oder privat?

Neue Modelle in einer globalisierten Welt?

In einem hochkarätigen besetzten Arbeitskreis mit insgesamt 90 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, wurden neue Wege der Forschungsfinanzierung in Österreich diskutiert. Steuerliche Anreize für mehr Risikokapital, aber auch Crowdfunding als neue Möglichkeit, um an der Schnittstelle des Wissenstransfers in Richtung Innovation zu wirken, wurden angesprochen. Interessant wurde es auch dann, als der Generaldirektor der Europäischen Kommission für Forschung und Innovation, Robert Jan Smits, Österreich ein Zuviel an Gemütlichkeit vorwarf, was eine Reihe von (Gegen-)Reaktionen hervorrief. Im Ländervergleich mit den USA zeigte sich, dass –entgegen der landläufigen Meinung -  auch dort die öffentliche Forschungsfinanzierung noch immer eine dominante Rolle spiele. Besonders die Militärforschung habe dabei einen 50-Prozentanteil an der Grundlagenforschung. Südkorea wiederum zeigt, dass mit einer organisierten Vorgangsweise aus einem Entwicklungsland innerhalb eines halben Jahrhunderts ein „Innovation Leader“ werden kann. Dabei spielen jetzt private Investitionen eine immer größere Rolle. Dass Chinas Studierende auch heute noch lieber in die USA gehen, liege auch daran, dass sie dort größere Chancen sehen und das Gefühl haben willkommen zu sein. Insgesamt hat Europa in den letzten Jahren stark aufgeholt. Österreich bekommt, abseits der Gemütlichkeitsdiskussion, ein gut aufgestelltes Forschungssystem konstatiert, dass aber an der Schnittstelle zum Innovations-Output noch an einigen Schrauben zu drehen habe. In Europa stellt sich die Herausforderung, dass es zu einer geteilten Innovationsunion kommen könnte, wo ein reicher Norden, einem armen Osten und Süden gegenübersteht.     

Eingangsstatements:

ROBERT JAN SMITS, DIRECTOR-GENERAL FOR RESEARCH AND INNOVATION, EUROPEAN COMMISSION, BRUSSELS   

Smits weist in seinem Eingangsstatement daraufhin, das die enorme Prosperität Europa in der Zukunft vor allem davon abhängen wird, wieviel in Zukunft in Wissenschaft und Forschung investiert werden wird. Das Ziel von 3 Prozent F&E-Quote, das man in Europa anfangs bereits mit 2010 erreichen wollte, wurde dann als Ziel für 2020 definiert. Mit Horizon 2020, in dem nun 80 Milliarden Euro für F&E zur Verfügung stehen, hat man das größte Innovations-Investitionsprogramm der Welt geschaffen. Dieses ist bereits so angelegt, dass sowohl öffentliche als auch private Finanzierung möglich wird. „Keep on investing“, so Smits, das sei beste Möglichkeit um Prosperität weiterhin aufrecht zu erhalten. Dem Programm Industrie 4.0 stellt er ein gutes Zeugnis aus, da es die Reindustrialisierung Europas unterstützt.     

HEINZ W. ENGL RECTOR, UNIVERSITY OF VIENNA

Engl beschreibt zuerst den Status quo in der Forschungsfinanzierung. Mit 92.000 Studierenden ist die Universität Wien, die  größte Universität Österreichs und des deutschsprachigen Raumes. Forschungsfinanzierung, so Engl, könne nicht getrennt von der Lehre angesehen werden. „Es geht um die Universitätsfinanzierung im Gesamten.“ Dazu zählen auch die Erhaltung und Ausbau der Infrastruktur: So gibt die Universität Wien mit mehr als 60 Standorten in Wien allein 100 Millionen Euro für Mieten und Erhaltung der Infrastruktur aus, was insgesamt ein Drittel des gesamten Budgets ausmache. Neben den knappen, aber autonom verwalteten Globalbudgets seien heute zusätzliche Projektfinanzierungen unbedingt notwendig. Stolz sei er darauf, dass die Universität Wien insgesamt bereits 26 der hochkompetitiven ERC-Grants gewonnen habe, wobei man im Vergleich zu ähnlichen Universitäten wie etwa der Universität Zürich weit weniger an Basismitteln zur Verfügung habe. Wichtig für die Finanzierung sei auch der Fonds für die Wissenschaftliche Forschung (FWF). Engl sei froh, dass dessen stabile Dotierung nun gesichert sei. Wichtig für Engl sei weitersw, dass man sich nun auch an der Universität Wien verstärkt in Richtung anwendungsorientierter Forschung zu öffnen habe. Dafür seien Einrichtungen wie die Christian Doppler Gesellschaft und auch das COMET-Programm besonders wichtig wichtig.  Engl spricht auch eines der großen Uni-Probleme an, die sich bei Drittmitteln ergeben. Zwar könnte heute hochkarätige Forschung nicht mehr ohne Drittmittel durchgeführt werden. Bei der Einwerbung von Drittmitteln gebe es aber das Problem, dass diese rein betriebswirtschaftlich gedacht, nicht angenommen werden dürften, da sie nur die Zusatzkosten abdecken. In vielen Universitäten machen Drittmittel aber schon mehr als 30 Prozent aus. Engl erhofft sich eine Verbesserung durch die Einführung der Studienplatzfinanzierung. Das aber würde eine Umstellung in der österreichischen Finanzierungsstruktur erfordern. Wenn aber bis 2020 das Ziel erreicht wird, zwei Prozent des BIP in den tertiären Sektor zu investieren, dann brauche man sich um die Zukunft der Universitäten keine Sorgen zu machen.   

GERTRUDE TUMPEL-GUGERELL, FORMER MEMBER OF THE BOARD, ECB - EUROPEAN CENTRAL BANK; CONSULTANT, WIFO - AUSTRIAN INSTITUTE OF ECONOMIC RESEARCH VIENNA   

Wenn man sich die Struktur der Forschungsfinanzierung ansieht, dann werde klar, dass in Österreich 88 Prozent davon von der öffentlichen Hand finanziert werde. Analysiert man aber die Finanzierung von Stanford, USA, genauer, dann sieht man, dass auch dort von dem vier Milliarden schweren Budget nur 167 Millionen von der privaten Industrie kommen. Der große Rest stammt aus öffentlichen Fonds. So unterschiedlich sei die Finanzierung daher gar nicht in ihrer Struktur. Dass Forschung wichtig sei, darüber gebe es in Österreich einen breiten Konsens. Denn Forschung sei unter anderem notwendig, um infrastrukturelle Probleme zu lösen. Was nachteilig in Österreich sei: man arbeite nach dem Gießkannenprinzip. Da bedürfe es mehr Mut zu Prioritätensetzung. In der Industrie sieht Tumpel-Guggerell große Bereitschaft für eine kooperative Zusammenarbeit. So werde beispielsweise die Universität Leoben jetzt mit der OMV eine Kooperation eingehen. Insgesamt sei es jedenfalls wichtig, den Bereich der Forschung ganzheitlich zu betrachten. „Es geht um Governance. Erst wenn die verschiedenen Bereiche, wie Bildung und Forschung ganzheitlich zusammenwirken, wird sich auch im Bereich der Innovation etwas zum Positiven verändern.“   

SABINE LADSTÄTTER, DIRECTOR, AUSTRIAN ARCHAEOLOGICAL INSTITUTE; HEAD, EPHESOS EXCAVATIONS, VIENNA   

Sabine Ladstätter weist darauf hin, dass in der Finanzierung des Österreichischen Archäologischen Institutes speziell bei den Ausgrabungen in Ephesos die private Forschungsfinanzierung einen hohen Anteil habe. Für Ladstätter stellt sich dabei aber auch die Frage, ob man jede Entwicklung mitgehen solle. Derzeit beruhe die Finanzierung auf drei Säulen. Insgesamt stammten rund 50 Prozent aus Mitteln der öffentlichen Hand. Der Rest teilt sich auf auf Drittmittel und private Mittel aus Österreich, USA und der Türkei. Dabei sei eine unterschiedliche Sponsoringkultur zu bemerken. Türkische Sponsoren sehen sich beispielsweise noch immer als Mäzene, was bei westlichen Unternehmen überhaupt keine Rolle mehr spiele. Ladstätter beschäftigt auch eine Reihe ausländischer Teams bei ihren Ephesos-Aktivitäten, die auch die Infrastruktur des Institutes benutzen. Dies scheine aber nicht in den nationalen Statistiken auf, da diese Forschungsleistungen von den mitwirkenden internationalen Universitäten verbucht werde. Das erwecke oft ein falsches Bild von den eigenen Kosten und der Forschungsleistung. Die Gefahr, die es bei der privaten Forschungsfinanzierung gebe, ist, dass sie dazu einlade, „Bilder zu konsumieren.“ Man werde manchmal nicht als ernsthafte Wissenschaft wahrgenommen, sondern rutsche in die Rolle des Pausenclowns.     

PHILIPP MARXGUT, ATTACHÉ FOR SCIENCE AND TECHNOLOGY; DIRECTOR, OFFICE OF SCIENCE & TECHNOLOGY, AUSTRIAN EMBASSY, WASHINGTON, D.C.   

Wenn man sich die internationalen Zahlen der Forschungsfinanzierung ansehe, dann sehe man, dass die USA 2011 mit 429 Mrd. Dollar noch immer am meisten für den Bereich F&E (öffentlich und privat) ausgegeben haben. China investiere aber bereits 208 Mrd. Dollar – bei jährlichen Steigerungsraten von 18 Prozent -, Japan 147 Mrd. Dollar.  Insgesamt betrachtet habe die USA mit einer F&E-Quote von 2,9 Prozent eine ähnlich große wie Österreich. Der Unterschied aber ist, dass man diese bereits seit 60 Jahren habe. Dabei kommen 60 Prozent von der öffentlichen Hand, sechs Prozent von der Industrie und 20 Prozent werben die Universitäten selbst ein. Öffentliche Budgets spielen auch bei den Eliteuniversitäten weiterhin eine große Rolle. Auch das Massachusetts Institute of Technology hat beispielsweise von seinem Gesamtbudget von 674 Millionen nur 106 Millionen aus der Industrie. Marxgut betont, dass sich derzeit auch die USA in einer budgetär schwierigen Situation befinden. Die Investitionen sinken, was Fragen nach der Investitionskapazität in der Zukunft aufwerfe. Bei der Forschungsförderung gebe es in den USA vor allem drei wichtige Bereiche: Wirtschaft, Sicherheit und Gesundheit. Eine große Rolle spiele der Verteidigungsbereich mit einem 50 Prozent-Anteil an der Grundlagenforschung via DARPA. Das Besondere  an diesem System ist: Man hat mit dem Militär immer einen First Buyer. Diese Entwicklung hat im zweiten Weltkrieg begonnen. Geld floss nach Harvard, ans MIT und in Folge auch nach Stanford. Die Lincoln Labs am MIT werden auch heute noch zu 90 Prozent aus Militärgeldern finanziert.   Was man von den USA lernen kann: Es gibt eine langfristige gesicherte Finanzierung der Grundlagenforschung. Und diese kann nicht ersetzt werden durch neue Formen, wie etwa Crowdfunding oder Risikokapital. Im Technologie-Transfer sei etwa sicherzustellen, dass dieser im ausreichenden Maße passiere. Riskokapital, sei zwar sehr wichtig. Man dürfe seine Rolle aber auch nicht überschätzen. „Es ist ein hochriskantes Geschäft. Insgesamt ist es der gesamten VC-Branche auch nicht gelungen den Standard&Poors-Index zu toppen.“   

GI-EUN KIM, PROFESSOR, DEPARTMENT OF BIOTECHNOLOGY, SEOKYEONG UNIVERSITY, SEOUL; COUNCIL MEMBER, AUSTRIAN COUNCIL FOR RESEARCH AND TECHNOLOGY DEVELOPMENT, VIENNA   

Die Republik Korea (Südkorea) zählt heute zu den innovativsten Ländern der Welt. Noch in den 1960er Jahre war man aber noch auf dem Niveau eines Entwicklungslandes. Kim berichtet von beeindruckenden Zahlen. So hat Korea sein BIP von 1966 bis heute auf das 846-fache erhöht und hat mit 4,36 Prozent des BIP die zweithöchsten F&E Ausgaben der Welt. (Israel steht mit 4,38 Prozent an erster Stelle). Das Ziel Koreas aber ist die F&E-Quote auf 5 % zu erhöhen. Das Wirtschaftswachstum, von 12,6 Prozent, wird auf die hohen Forschungsausgaben zurückgeführt. Private Investitionen sind im Steigen begriffen. Sie sollen in Zukunft ¾ aller Investitionen betragen. Geplant wurde die Entwicklung Koreas nach den Kondratieff-Zyklen. Sie stellten auch die Basis für die Prioritätensetzung in der Forschungsförderung dar. Heute gebe es eine stetig wachsende Start-up-Szene, sowohl Venture Capital als auch Crowdfunding werde als Finanzierungformen eingesetzt. Risikofreundlich sei man in Korea zwar nicht wirklich, aber es werden alle eingeladen Vorschläge für „creative econmics“ zu entwickeln.     

Smits zu Österreich: „Gut aufgestellt, aber zu viel Gemütlichkeit“

Generell, so Smits, sei Österreich, was die Wissenschaft betreffe, „first class“.  Auch die Partizipation an den europäischen Förderprogrammen ist außergewöhnlich: Man hole mehr raus, als man hineinzahle. Auch das österreichische Clustersystem sei eine sehr einzigartige und beeindruckende Maßnahme. Hier sei Österreich ein Musterland, das international als Vorbild gelten könnte. Zudem verfüge Österreich über gut ausgebildete Arbeitskräfte.

Zu den Herausforderungen zähle, dass Österreich mehr Ausgaben für die Wissenschaft und es ein massives Investment in die Ausbildung der zukünftig benötigten Skills benötige (Stichwort: „Industrie 4.0“). Zudem müssen an der Schnittstelle des Wissenstransfers einiges getan werden, damit „Wissen in Euros“ umgewandelt werden könne. Zum Beispiel müsse die Anzahl von Start ups und Spin offs gesteigert werden. Das liege auch in der Verantwortung der Universitäten. Finnland könne da als Vorbild gelten.

Die Frage, die sich Smits auch stellt, sei, ob Österreichs Gesellschaft schon bereits für die großen Herausforderungen der Zukunft sei. Wie etwa mit dem Verbot der Stammzellenforschung oder der geringen gesellschaftlichen Anerkennung der Grundlagenforschung. Smits sieht da die „Gemütlichkeit“ als Hemmfaktor. Dieses Wort, so Smits, sollte aus den Wörterbüchern gestrichen werden. Den es gebe eine internationalen Wettbewerb, bei dem mit Gemütlichkeit nicht zu punkten sei.

Rektor Engl zu: „Was machen die Unis ohne Geld? 

Engl sieht neben der „Gemütlichkeit“ noch ein zweites sehr österreichisches Wort, das gefährlich sei. Das „Weiterwurstel“ („modelling through“). Dass es jedes Jahr eine Budgetkrise gibt und man darum kämpfen müsse, um den Statur qou zu finanzieren, seien Topforscher, die aus anderen Ländern nach Österreich gekommen wären, nicht gewohnt. Jedenfalls gebe es starke Standortkonkurrenz, vor allem aus Südostasien. Und einige Wissenschaftler aus dem Bereich Life Science oder Water Ressource Management hätten bereits äußerst attraktive Angebote bekommen.

Wenn sich an der jetzigen Finanzierungssituation nichts ändere, dann habe man jedenfalls 2016 ein Defizit an der Universität Wien von 20 Millionen zu befürchten. Das klinge zwar nicht nach sehr viel, aber man werde es spüren. Etwa anhand eines Personaleinstellungsstopps oder die Streichung von Geräteinvestitionen, die derzeit 10 bis 15 Millionen Euro betrage. Jedenfalls könnte man sagen, dass Topforscher sehr mobil seien und man daher in solchen Situationen mit Abwanderungen zu rechnen habe.... 

Tumpel-Guggerell zu: „Zu wenig Start ups, zu wenig Innovation“?

Österreich brauche einerseits mehr forschende Unternehmen. Zudem sei die Entrepreneurship-Kultur in Österreich noch nicht sehr verankert.

Zur „Gemütlichkeit“: „Wir sind wohl auch noch zu sehr ein Beamtenstaat. Da müssen wir auch etwas verändern.“

Ladstätter zu „Pausenclown“ und weniger private Finanzierung. „Ist es nicht auch wichtig Öffentlichkeitsarbeit zu leisten?

Es gebe die Tendenz zu: „Wer zahlt, schafft an“, sagt Sabine Ladstätter Da gebe es Unterschiede in der Kultur des Sponsorings. Es gibt ein Bewusstsein in der Öffentlichkeit für die Wichtigkeit der Archäologie oft aber nicht das Geld. Das sehe man auch in der historischen Perspektive. In der Zwischenkriegszeit finanzierten die Rockefellers die Ephesos-Ausgrabungen. Ihre Vorgabe aber: Nur christliche Geschichte sollte dabei berücksichtigt werden. Wer zahlt, schafft an, war da eben die Mentalität.

An neuen Finanzierungsformen spiele für Ladstätter etwa Crowdsponsering eine große Rolle. „Ich bin überzeugt, dass die Archäologie überhaupt kein Legitimationsproblem hat.“

Was kann man aus anderen Ländern lernen?

Marxgut weist darauf hin, dass Europa im Vergleich zu den USA in den letzten 10 bis 15 Jahren aufgeholt habe. Und auch in Österreich wisse man, wie man Forschung finanzieren müsste. Zum Beispiel durch ISTA oder IMBA. „Wir wissen wie es geht, aber wir müssen es auch tun.“

Smits sieht es ähnlich. Heute sei die USA nicht mehr die Nummer eins als Zielland für Forscher, viele gingen auch in die Schweiz oder nach Schweden. Zudem habe die EU auch damit begonnen, in den USA, am MIT oder in Stanford zu rekrutieren. „Viele der US-Forscher wussten noch nicht, dass sie die Möglichkeit haben, sich um ERC-Grants zu bewerben.“ Für Engl sei es in diesem Zusammenhang wichtig, das Karrieresystem in Österreich zu verbessern. „Es müssen auch schon junge vielversprechende Forscher die Möglichkeit einer Fixanstellung im Rahmen des Tenure-Track-Systems haben.“ Kim betont, dass Österreich in Korea in bestimmten Bereichen als Role-Model gelte.

Birgit Murr, Wissenschafts- und Technologieabteilung an der Österreichischen Botschaft Peking, betont, dass Chinas Finanzierungssystem für die Forschung noch nicht ausgereift sei. Es sei aber zu beobachten, dass chinesische Forscher auch nach Deutschland, UK oder Frankreich gehen. Insgesamt habe man in China bereits topausgestattete Labor. Das Haupthindernis für mehr kooperative Forschung sei noch immer in den Intellectual Properties zu sehen. Zu beobachten sei auch, so ein Statement eines Workshopteilnehmers, dass die chinesische Führung es gerne sehen würde, dass noch mehr Studierende nach Europa gehe, die Junge ziehe es aber stärker in die USA, da man sich dort die größeren Chancen ausrechne und auch das Gefühl habe, erwünscht zu sein. Gerade das aber fehle oft in Europa.

Statements von WorkshopteilnehmerInnen:

Andrea Braidt, Vizerektorin von der Akademie der Bildenden Künste betont, dass es wünschenswert sei eine Nähe zwischen Industrie und Grundlagenforschung herzustellen. Die Problematik des Sponsorings, so wie von Sabine Ladstätter angesprochen, verstehe sie gut. Den Künstler als Pausenclowns abzutun sei weitverbreitet. „Wissenschaft und Künste genießen in Österreich keine sehr große Wertschätzung. Man schätzt und hört die Wiener Philharmoniker, das ja. Aber wenn es darum geht, High-Risk Forschung zu finanzieren oder zeitgenössische Kunst, dann ist es bald vorbei mit dem Verständnis.“

Ex-Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle widerspricht der Feststellung von Robert Jan Smits, dass in Österreich die Gemütlichkeit einen zu großen Stellenwert habe. Töchterle: „Das Wort Gemütlichkeit sollte nicht aus dem Wörterbuch gestrichen, sondern in alle Wörterbücher der Welt geschrieben werden. Denn das Ziel sei schließlich nicht „Wettbewerb um des Wettbewerbs willen, sondern Wissenschaft soll für den Menschen betrieben werden.“ Die in Österreich angesiedelte Skepsis gegen Stammzellenforschung oder den Einsatz von Atomkraft sehe er, Töchterle,  positiv. Auch wenn man dafür in Brüssel oft bespöttelt worden sei.

Smits kontert, dass es einen harten internationalen Wettbewerb gebe, wo es um die besten Skills und Qualität gehe. In Österreich orte er eine Doppelbödigkeit in der Argumentation: Zwar sei man gegen Atomkraft, aber hege keine Bedenken Atomstrom aus den Nachbarstaaten zu importieren oder Medikamente, die aus Stammzellenforschung in anderen Ländern entstanden seien.

Was die Militärforschung betreffe, so sagt Smits, dass es mittlerweile auch in Europa Überlegungen gebe, diese zu forcieren. Vor allem angesichts der krisenhaften Situation im Nahen Osten müsste sich Europa da etwas überlegen.

Helmut List von AVL-List betont in seinem Statement, dass es wesentlich sei, auch in den Köpfen der jungen Leute Grundlagen- und anwendungsorientierte Forschung zusammenzuführen. Schon lange vor der Gründung von Start ups sollte klar sein, dass es eine unternehmerische Fundierung der Forschung bedürfe. Gerade in  Hinblick auf Industrie 4.0 sei dies wichtig.

Reinhart Kögerler, Präsident der Christian Doppler-Gesellschaft, betont, dass es in Österreich zum Teil eine „schlechte Gemütlichkeit“ gebe. Generell gebe es zu wenig Unternehmen, die in F&E investieren. Was alternative Finanzierung der Forschung betreffe, so setzt Kögerler auf Sponsorships von Alumnis. „Das gibt es derzeit noch zu wenig.“ Harald Steindl, Wirtschaftskammer Österreich, betont, dass es in Österreich noch zu wenig Ausbildung in Sachen Entrepreneurship gebe. Werner Sobotka, European Media Group, mahnt ein, dass Wissenschaftler häufig noch zu komplex kommunizieren, damit sie breitenwirksam verstanden werden.

Reinhard Willfort, Donau Uni Krems und Crowdfunding-Pionier in Österreich, weist darauf hin, dass Crowdfunding zwar nicht für die Finanzierung von Grundlagenforschung geeignet sei, aber vor allem an der Schnittstelle zur Überleitung von „Wissen zu Geld“ ein neues geeignetes Finanzierungsmittel darstelle. Mittlerweile gebe es schon mehr als 300 Plattformen, die im letzten Jahr in Europa mehr als fünf Milliarden Euro bewegt haben. Willfort sieht das Crowdfunding jedenfalls als Chance für die Forschung an der Schnittstelle zur Innovation.

Christiane Spiel, Bildungsforscherin an der Universität Wien, mahnt ein, dass zwar alle davon sprechen, dass die Bildung der Schlüssel für mehr Innovation sei. Gleichzeitig werde aber kaum Bildungsforschung betrieben. Dabei gebe es viele Möglichkeiten. Zum  Beispiel könnte schon in der Schule unternehmerisches Denken viel stärker gelehrt werden. 

Abschlussstatements

In seinem Abschlussstatement betont Smits, das er für Europa und Österreich alles in allem optimistisch in die Zukunft blicke. Eine europäische Herausforderung werde es aber sein, die unterschiedliche Entwicklungsdynamik im Norden, Osten und Süden zu synchronisieren. Denn wenn man das nicht tue, so werden die Situationen einer geteilten Innovationsunion entstehen („Innovation divide“).

Rektor Engl betont, dass es besonders wichtig sei, in der Bevölkerung ein verstärktes Bewusstsein für die Grundlagenforschung zu schaffen. Im Rahmen der 650-Jahres Feier der Universität Wien werden man daher 25 Beispiele präsentieren, die zeigen, wie aus Grundlagenforschung Innovation entstanden ist, die für uns heute nicht mehr wegzudenken sei. Crowdfunding kann sich auch Engl an der Schnittstelle vorstellen, die Grundfinanzierung müsse aber sichergestellt werden.

Für Sabine Ladstätter sei wichtig, dass man in Kommunikation mit der Öffentlichkeit die richtige Balance finden müsse, damit Wissenschaftler richtig verstanden werden und damit auch eine Bereitschaft für die Finanzierung vorhanden sei.

Birgit Murr weist darauf hin, dass das Umweltthema in China in Zukunft besonders wichtig sei. Sie sehe dabei auch große Kooperationschancen für Österreich.

Gertrude Tumpel-Guggerell betont, dass man von China, den USA oder Korea vor allem in Sachen Commitment zur Forschung einiges lernen könne. Zudem stelle sich die Frage, warum Österreich bei guter Forschungsfinanzierung doch nicht ähnliche Outputs erziele. Crowdfunding sehe sie als interessante Finanzierungsalternative. Dies könne aber das fehlende Risikokapital in Österreich nicht ersetzen. Denn nur mit diesem würde man auch mehr Start ups in Österreich erzielen, da diese von Banken nicht finanziert werden. Die unterschiedliche Entwicklung in Europa sollte man in der nächsten Dotierung der Regionalfonds stärker berücksichtigen.

Phillip Marxgut betont, man können von den USA lernen, dass man einen offeneren Umgang mit Immigranten pflege, mehr Zeit in Sponsoring investiere (so habe Stanford 400 Leute, die sich um Spendeneinwerbung kümmern) und dass die USA weit aus besser mit Veränderungen umgehen können. Das zeige sich nicht zuletzt beim Thema Fracking, was zu einem niedrigeren Gaspreis führe und auch die voestalpine dazu veranlasst habe, in den USA in ein 500-Millionen Projekt zu investieren. Was die Gemütlichkeit betrifft: Österreich braucht beides. Gemütlichkeit und Wettbewerb.

Gi-Eun Kim weist darauf hin, dass Korea dahingehend ein Vorbild sein kann, weil es zeigt, wie man private Investitionen auslöst. Das gehe vor allem mit steuerlichen  Begünstigungen und anderen Anreizsystemen. Jedenfalls bedürfe es einer politischen strategischen Zusammenarbeit zwischen dem privaten und dem öffentlichen Sektor, um hochgesteckte Ziele zu erreichen.

Norbert Regitnig-Tillian


Mitglieder